Wenn der Sommer vorbei ist und die Tage wieder dunkler werden, macht sich bei vielen Menschen eine melancholische Stimmung breit. Dieses Phänomen ist auch als Herbst Blues oder Winterdepression bekannt und sorgt bei vielen dafür, dass sie sich in der kalten Jahreszeit antriebslos, müde und traurig fühlen. Doch wie lange dauert so eine Winterdepression und ab wann muss man sich Sorgen machen? Kann man dem Gefühl vorbeugen? Wir haben eine Expertin zum Thema befragt.
So kommst du psychisch gut durch die dunkle Jahreszeit – laut Expertin
Wir haben im Interview mit Dr. Hanne Horvath, Psychologin und Mitgründerin von HelloBetter, gesprochen und sie nach ihren besten Tipps gegen Herbst- bzw. Winterdepression befragt.
Woher kommt das traurige Gefühl in der dunklen Jahreszeit?
Dr. Hanne Horvath: "Als Herbstblues wird im Allgemeinen das Gefühl von Antriebslosigkeit, verstärkter Müdigkeit, häufig in Kombination mit Melancholie und Gereiztheit beschrieben. Sind diese Gefühle präsent, so fällt es schwerer, herkömmlichen Aktivitäten wie mit Freunden treffen, draußen sein oder Sport zu treiben, nachzugehen. Diese Phasen sind ein Stück weit natürlich und durch den Mangel an Tageslicht saisonal bedingt. Dennoch kann ein Herbstblues in eine Depression übergehen. Das wird besonders dann auffällig, wenn sich Schwermütigkeit und Antriebslosigkeit verstärken und soziale Aktivitäten heruntergefahren oder sogar gemieden werden."
Gibt es eine SOS-Hilfe dagegen?
Dr. Hanne Horvath: "Wer in den letzten Jahren an sich erkannt hat, dass ein Hang zu Herbstblues besteht, kann rechtzeitig ein paar Maßnahmen unternehmen, um das Gefühl nicht zu stark werden zu lassen: Statt sich auf die unangenehmen Seiten wie Nässe, Kälte und Dunkelheit zu konzentrieren, sollten wir überlegen, welche Aktivitäten jetzt möglich sind. Die Wohnung umdekorieren, Backen oder Pilze suchen beim Spaziergang durch die herbstlichen Wälder - der Herbst hat seinen eigenen, besonderen Charme!
Außerdem: Anstatt Verabredungen mit Freunden oder Bekannten abzusagen, sollten wir diese jetzt erst recht wahrnehmen. Meistens wird die Überwindung mit positiven Erlebnissen belohnt, die wiederum helfen, den Herbstblues und die Trägheit zu vertreiben.
Ebenfalls nachweislich stimmungsaufhellend wirkt viel Licht! Wir sollten also nach wie vor täglich an die frische Luft gehen, um möglichst viel Sonnen- oder Tageslicht aufzunehmen. Tageslichtlampen sind ebenfalls hilfreich, um die Serotoninproduktion zu steigern und dadurch die Stimmung zu heben. Auch eine achtsame und ausgewogene Ernährung beeinflussen wir unser Wohlbefinden und nehmen positiven Einfluss auf unsere Psyche."
Kann man eine Herbst- bzw. Winterdepression vorbeugen?
Dr. Hanne Horvath: "Was eine Herbst- bzw. Winterdepression vorbeugen kann, ist das aktive Auseinandersetzen mit den depressiven Tendenzen, die man vielleicht schon in den letzten Jahren an sich selbst bemerkt hat. Der Umgang mit dieser Angst kann helfen, die persönliche Weiterentwicklung voranzutreiben und das Selbstbewusstsein zu stärken.
Folgende Tipps helfen, um den Umgang mit der Angst vorm Alleinsein zu lernen: Wir sollten unsere eigene, innere Verbundenheit stärken. Haben wir Angst vorm Alleinsein, so spricht das dafür, dass wir die meiste Zeit unter Menschen sind. Fällt diese gemeinsame Zeit weg oder wird weniger, so bleibt bei uns häufig das Gefühl der Leere und die Angst, weniger relevant zu sein. Um diesem Empfinden entgegenzuwirken, braucht es Vertrauen in unsere bestehenden Beziehungen.
Weiterhin können wir versuchen, mit der Angst vorm Alleinsein Freundschaft zu schließen. Statt also das Gefühl zu unterdrücken oder zu ignorieren - was in der Regel zu einer Verstärkung des Gefühls führt, können wir stückweise versuchen, die Angst als Freund zu behandeln. Je besser uns diese Praktik gelingt, desto weniger überwältigend fühlt sich die Angst an und bewirkt langfristig, dass die Angst aufgelöst wird.
Ähnlich wirkungsvoll ist es, sich etappenweise mit der Angst vorm Alleinsein zu konfrontieren. Wir können in diesem Fall also bewusst das Alleinsein für eine begrenzte Zeit wählen und versuchen auszuhalten. Die Konfrontation bewirkt, dass die Angst vorm Alleinsein über die Zeit immer weniger wird."
Ab wann wird eine Herbstdepression bedenklich?
Dr. Hanne Horvath: "Wenn Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Melancholie und stellenweise starke Gereiztheit über einen längeren Zeitraum als zwei Wochen anhalten und dazu führen, dass eine Person sich stark zurückzieht, dann besteht die Möglichkeit einer Depression.
Betroffene isolieren sich weitestgehend, verbringen die meiste Zeit drinnen im Bett oder auf der Couch und geben an abzuwarten, bis es draußen wieder schöner wird. Dieses Verhalten verstärkt jedoch die Ausbildung depressiver Symptome und es wird zunehmend schwerer, allein eine positive Veränderung zu bewirken. In diesem Fall sollte definitiv ein Hausarzt kontaktiert werden."
Welche 3 Dinge sollte man vor allem im Herbst und Winter beachten, um die Stimmung zu heben?
Dr. Hanne Horvath: "Der Herbst hat viele unliebsame Seiten, die wir uns auch nicht schönreden müssen. Aber er bietet auch Zeit und Raum für Dinge, die der Sommer nicht bieten kann. Als Erstes hilft es, sich zu fragen, welche guten Seiten der Herbst für uns bereithält? Das Geräusch der Regentropfen am Fenster? Vielleicht ist es endlich Zeit für Käsefondue, ein warmes Bad oder einen Kinobesuch? Dasselbe gilt auch für sportliche Aktivitäten, was mich zu meinem zweiten Tipp führt: Körperliche Aktivität wirkt sich erwiesenermaßen positiv auf unsere Stimmung aus. Radfahren auf rutschigem Laub macht vielleicht keinen Spaß, aber es gibt viele andere Aktivitäten, die im Herbst Freude bereiten können.
Und nicht vergessen: Nicht nur die eigene Stimmung kann im Herbst getrübt sein, auch Freund:innen kann es ähnlich gehen. Soziale Kontakte sind jedoch wichtig für gute Laune. Die Devise lautet deshalb: Verabredet euch. Gemeinsam Kaffee trinken, kochen oder ein Spieleabend, solche Treffen mit lieben Menschen tun vor allem in den dunklen Jahreszeiten gut."
Verwendete Quellen: hellobetter.de
