Ein heranwachsendes Kind zu verlieren, ist wohl das Schlimmste, was einer werdenden Mutter passieren kann. Doch keine Frau ist mit diesem Schicksal alleine: Mehr als jede zehnte Frau erleidet mindestens einmal in ihrem Leben eine Fehlgeburt, wie ein internationales Expertenteam in der renommierten medizinische Fachzeitschrift "The Lancet" im April 2021 veröffentlicht hat. Die Dunkelziffer ist vermutlich höher.
Obwohl so viele Frauen davon betroffen sind, ist es immer noch ein Tabuthema. Wir wollen damit aufräumen und erklären dir hier alles Wichtige zum Thema Fehlgeburt und wie du den unfreiwilligen Schwangerschaftsabbruch verarbeiten kannst.
Was ist eine Fehlgeburt?
Man spricht von einer Fehlgeburt (Abort, Spontanabort), wenn eine Frau ihr Kind verliert, bevor es lebensfähig ist. Ein Kind gilt als lebensfähig, wenn es die 24. Schwangerschaftswoche (SSW) erreicht hat und/oder mindestens 500 Gramm wiegt. Endet die Schwangerschaft also vor der 24. SSW und/oder wiegt das Kind weniger als 500 Gramm, dann ist es eine Fehlgeburt. Ein Schwangerschaftsverlust vor der 12. SSW gilt als Frühabort, einer ab der 20. SSW als Spätabort. Endet die Schwangerschaft nach 24 Wochen, ist es eine Frühgeburt, falls das frühgeborene Kind bei der Entbindung lebend zur Welt kommt. Ist das Kind nach der 24. SSW im Mutterleib gestorben, nennt man das Totgeburt.
Vier von fünf Fehlgeburten passieren in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen. Nach dieser Zeit sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt je nach Alter der Mutter deutlich und beträgt etwa 1 %. Die meisten Frauen warten mit der Verkündung ihrer Schwangerschaft deshalb bis zur 13. Woche. Erleiden sie in diesem Zeitraum der Schwangerschaft eine Fehlgeburt, bekommt es das Umfeld oft gar nicht mit.
Es gibt folgende Abort-Formen:
- Drohender Abort ("Abortus imminens"): leichte Blutungen und Wehen, durch Bettruhe noch verhinderbar
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Beginnender Abort ("Abortus incipiens"): Komplikationen wie Blutungen und schmerzhafte Wehen, Muttermund ist bereits geöffnet
- unvollständiger Abort ("Abortus incompletus") oder vollständiger Abort ("Abortus completus"): bei Ersterem wird nur ein Teil der Frucht ausgestoßen, bei Letzterem hingegen sowohl Fetus (Fötus) als auch Eihäute und Mutterkuchen (Plazenta)
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Verhaltener Abort ("Missed Abortion"): keine Symptome, weder Blutungen noch Wehen, aber Embryo (“Leibesfrucht”) zeigt kein Lebenszeichen mehr
- Fieberhafter Abort ("Abortus febrilis"): Komplikationen mit Fieber zwischen 38 und 39 Grad Celsius und eitriger Ausfluss, lebensbedrohlich
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Windei: höchstens Schmierblutungen, befruchtete Eizelle hat sich fehlerhaft entwickelt und Fruchtblase ist ohne Embryo bzw. Leibesfrucht, wird bei Ultraschalluntersuchung festgestellt
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Fehlgeburt: Ursachen und Risikofaktoren
Es muss keine spezifischen Gründe und Ursachen für eine Fehlgeburt geben. Oft sind es Entwicklungsstörungen des Embryos oder genetische Veränderungen, die zufällig passieren. Das kann an genetischen Störungen liegen oder an einem Fehler beim Andocken an das mütterliche Gefäßsystem. Dennoch gibt es einige Risikofaktoren, wie Infektionen oder der Konsum von Alkohol, die eine Fehlgeburt begünstigen. Mögliche Risikofaktoren eines plötzlichen Schwangerschaftsverlustes sind:
- Alter: Je älter eine Frau ist, desto wahrscheinlicher erleidet sie eine Fehlgeburt. Bis zu 34 Jahren liegt das Risiko bei bis zu 15 %, zwischen 35 und 39 Jahren bei etwa 25 % und über 40 Jahren bei etwa 50 %.
- Alkohol: Studien belegen, dass Alkoholkonsum während der Schwangerschaft zu massiven Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen des ungeborenen Kindes führen kann. Auch das Risiko einer Fehlgeburt wird erhöht.
- Rauchen: Rauchen Mütter während der Schwangerschaft, kommt das Kind mit einer höheren Wahrscheinlichkeit mit einer Atemwegserkrankung oder geringem Gewicht zur Welt. Bei Fehlgeburten widersprechen sich die Studien, doch allein schon wegen der bekannten negativen Auswirkungen sollte auf Rauchen während der Schwangerschaft verzichtet werden.
- Koffein: Der Zusammenhang von Koffein und Fehlgeburten gilt ebenso wie beim Rauchen als unsicher, sollte aber dennoch im Hinterkopf behalten werden.
- Infektionen: Wenn bestimmte Erreger den Gebärmutterhals oder die Gebärmutterschleimhaut infizieren, kann die daraus entstehende Entzündung zu einem Funktionsverlust und letztendlich einer Fehlgeburt führen.
- Tumore der Gebärmutter: Ist die Gebärmutter mit einem Tumor befallen, kann das Kind unter Umständen nicht richtig versorgt werden. Ein frühzeitiger Schwangerschaftsverlust ist die Folge.
- Hormonelle Störungen: Faktoren wie Diabetes sowie Schilddrüsenunter- oder überfunktion erhöhen das Fehlgeburtsrisiko.
- Blutarmut: Blutarmut kann durch Eisenmangel entstehen, wodurch es zur Unterversorgung des Kindes mit Sauerstoff kommen kann. Ein Spontanabort kann die Folge sein.
- Stress: Auch Faktoren wie anhaltender psychischer Stress bewirken ein Ungleichgewicht im Immunsystem und verändern den Hormonhaushalt, was eine Fehlgeburt auslösen kann.
Wiederkehrende Fehlgeburten ("Habitueller Abort", dreimal oder öfter hintereinander vor der 20. SSW) kommen selten vor. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leidet etwa ein Prozent der Frauen darunter. Bei lediglich einer Fehlgeburt werden häufig keine ärztlichen Untersuchungen vorgenommen, da so etwas leider recht oft passiert. Wenn es aber wiederholt zum Abort kommt, sollte eine ärztliche Behandlung stattfinden.
Fehlgeburt: Mögliche Symptome und Anzeichen
Wie bemerkt man eine Fehlgeburt? Ein typisches Symptom des ungewollten Schwangerschaftsverlustes ist die vaginale Blutung. Mögliche Symptome und Anzeichen sind je nach Zeitpunkt der Schwangerschaft:
- vaginale Blutungen
- schmerzhafte Wehen
- Schmierblutungen
- Fieber
- eitriger Ausfluss
Manchmal gibt es auch keine Anzeichen und spätestens bei der nächsten Routine-Ultraschalluntersuchung kommt das böse Erwachen. Der Embryo zeigt kein Lebenszeichen mehr, befindet sich aber noch in der Gebärmutter. Dieser wird meist entweder von dem Gynäkologen/der Gynäkologin entfernt (Ausschabung, medizinischer Begriff "Kürettage") oder durch bestimmte Medikamente schneller ausgeschieden.
Solltest du diese Symptome während du schwanger bist aufweisen, gehe unbedingt zum Arzt bzw. zur Ärztin – lieber einmal zu viel als zu wenig. Bei Symptomen wie Fieber und eitrigem Ausfluss kann das im schlimmsten Fall auch für die Mama lebensbedrohlich sein.
Fehlgeburt: So verarbeitest du den Verlust
Die meisten Frauen entwickeln schon in den ersten Wochen starke Gefühle für ihren Embryo. Kommt es dann zu einem Abort, trauern sie, als wäre das Kind schon auf der Welt. Auch für den Partner/die Partnerin ist es ein Schock. Wichtig ist, dass du das Thema nicht totschweigst. Viele Frauen schämen sich für ihre Fehlgeburt oder denken, niemand würde sie verstehen. Dabei sollten sie sich auf keinen Fall schämen, sondern sich Unterstützung suchen, wenn sie es brauchen. Ein paar Tipps:
- Verdränge den Schmerz nicht. Irgendwann kommt er dann doppelt so stark wieder hoch. Auch wenn es wehtut, solltest du die Trauer zulassen.
- Drücke deine Gefühle aus und suche dir liebevolle Menschen, mit denen du über den ungewollten Schwangerschaftsverlust reden kannst, ggf. auch professionelle Hilfe. Hier findest du alle Infos zur Psychotherapie: Was ist Psychotherapie? Infos, Fakten und Hilfe bei der Therapeut*innensuche
- Gib dir selbst keine Schuld an der Fehlgeburt.
- Tausche dich mit Betroffenen aus, die ebenfalls eine solche Geburt durchmachen mussten.
- Nimm bewusst Abschied. Für viele Eltern ist es hilfreich, eine Beerdigung für ihr Sternenkind durchzuführen. Das kann auch rein symbolisch geschehen, zum Beispiel durch das Pflanzen eines Baumes.
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Verwendete Quellen: netdoktor.de, quarks.de, thelancet.com
