Borderline Persönlichkeitsstörung: Symptome, Ursachen und Behandlung

Borderline Persönlichkeitsstörung: Symptome, Ursachen und Behandlung der psychischen Erkrankung

Was versteht man unter dem Borderline-Syndrom? Wir fassen Informationen über die emotional instabile Persönlichkeitsstörung zusammen und räumen mit typischen Vorurteilen auf.

Eine Borderline-Störung ist für die Betroffenen sowie für die Angehörigen eine enorme Belastung. Die Herausforderungen des Alltags lassen sich für Personen, die mit der Borderline Persönlichkeitsstörung (kurz BPS) diagnostiziert sind, nämlich meist schwieriger bewältigen. Für sie gleicht das Leben viel eher einer Achterbahnfahrt: Borderline-Betroffene haben Probleme damit, Impulse zu kontrollieren und ihre Identität, ihre Stimmung sowie ihre zwischenmenschlichen Beziehungen sind von der Instabilität ihrer Emotionen geprägt. Diese Gefühlsschwankungen können extreme innerliche Anspannungen auslösen.

Wie sich das Borderline-Syndrom genau äußern kann, auf welche Dinge Expertinnen und Experten die psychische Erkrankung zurückführen und wie eine Therapiemöglichkeit aussieht, liest du hier.

Beachte bitte: Die Informationen und Ratschläge in diesem Artikel stammen nicht von medizinisch oder psychotherapeutisch geschulten Expertinnen. Wenn du denkst, an der Borderline Persönlichkeitsstörung erkrankt zu sein, sprich bitte mit einer Vertrauensperson und suche professionelle Hilfe auf. Bei einer akuten Krise kannst du dich kostenlos bei der deutschen Telefonseelsorge unter der Nummer 08001110111 und 08001110222, sowie 116123 melden.

Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es unter anderem um Selbstverletzung und Suizidgedanken. Wenn es dir mit diesen Themen nicht gut geht, lies diesen Artikel entweder nicht oder nicht alleine.

Was ist eine Borderline Persönlichkeitsstörung?

Das Borderline-Syndrom wird zu den Persönlichkeitsstörungen gezählt. Persönlichkeitsstörungen sind psychische Erkrankungen, für die ein langfristiger Verlauf charakteristisch ist. Das bedeutet, dass die Störungen eher selten in Episoden auftreten, sondern sich häufig über einen langen Zeitraum ziehen. Bei Personen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung äußern sich einige Verhaltensmuster stärker als bei anderen Menschen: Bestimmte Vorgänge in den Bereichen Gefühle, Denken und Handeln sind durch die psychische Erkrankung beeinträchtigt. Wahrnehmung, Bewertung und Interaktion laufen in immer gleichen Bahnen ab und trotzdem sind besonders paradox scheinende Verhaltensweisen typisch für das Borderline-Syndrom.

Die Gefühle sind dabei stärker ausgeprägt und kippen oft in die Extreme: So können Borderline-Patientinnen und -Patienten zum Beispiel extrem ordentlich, extrem misstrauisch oder extrem wütend sein und erleben diese Gefühle mit einer massiven Überempfindlichkeit. Durch diese emotionale Instabilität haben Menschen mit Borderline-Syndrom häufig mit Schwierigkeiten in der Beziehung zu sich selbst, aber auch in persönlichen oder beruflichen Beziehungen zu kämpfen. Die Lebensqualität kann durch die Belastung, die die Borderline Persönlichkeitsstörung auslöst, erheblich reduziert werden.

Die BPS tritt nicht alleine auf, sondern wird oft von zusätzlichen psychischen Störungsbildern begleitet. Dazu gehören klassischerweise Depressionen, ADHS, posttraumatische Belastungsstörungen, Essstörungen oder Substanzmissbrauch.

Symptome: Wie äußert sich das Borderline-Syndrom?

Ist bei einer Patientin oder einem Patienten ein anhaltendes Muster aus instabilen Beziehungen, einem instabilen Selbstbild und instabilen Emotionen zu erkennen und neigt er oder sie zu Impulsivität, kann von einer Borderline-Störung ausgegangen werden. Menschen mit dem Borderline-Syndrom fällt es schwer, ihre Emotionen zu regulieren. Diese Impulsivität führt in vielen Fällen zu selbstschädigendem Verhalten: Es kommt zu Drogenkonsum, Glücksspiel, unsicherem Sex, unkontrollierter Esssucht, übermäßiger körperliche Aktivität oder rücksichtslosem Autofahren. Auch suizidales Verhalten und Selbstverstümmelung (z. B. Schneiden oder Verbrennen der Haut) treten häufig auf und werden als "entlastend" wahrgenommen.

Meist verfolgen Menschen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung durch diese selbstzerstörerischen Taten nicht das Ziel, sich selbst das Leben zu nehmen – nichtsdestotrotz wird das Suizidrisiko bei Borderline-Betroffenen etwa 40-mal höher beziffert als bei dem Rest der Bevölkerung. Die Diagnose Borderline Persönlichkeitsstörung wird dann gestellt, wenn mehr als fünf der folgenden Verhaltensmuster erkannt werden:

  • Instabile und intensive Beziehungen, bei der die andere Person entweder extrem idealisiert oder extrem abgewertet wird
  • Angst davor, verlassen zu werden und verzweifelte Bemühungen, damit dies nicht passiert
  • Ein instabiles Selbstbild bzw. Selbstwertgefühl
  • Schädliche Impulsivität in mehr als zwei Bereichen (z. B. ungeschützter Sex oder rücksichtsloses Autofahren)
  • Wiederholtes suizidales Verhalten, suizidale Gesten oder suizidale Drohungen/Andeutungen
  • Selbstverstümmelung (z.B. durch Schneiden oder Verbrennen der Haut)
  • Extreme Stimmungsschwankungen
  • Ein andauerndes Gefühl der Leere
  • Intensive Gefühle von Wut und Ärger in unpassenden Momenten und Probleme, diese in den Griff zu bekommen
  • Zuweilen paranoide Gedanken oder dissoziative Symptome, meist ausgelöst durch erheblichen Stress

Personen, die unter der Borderline Persönlichkeitsstörung leiden, erleben oft, dass ihre Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen zwischen entgegengesetzten Polen schwanken. Während die Liste der Symptome lang ist, können sie in folgende drei Kategorien aufgeteilt werden:

Emotionen

  • Selbstbild und Selbstwertgefühl fallen sehr gering aus
  • Es besteht eine große Angst, von den Menschen im eigenen Umfeld verlassen zu werden
  • Innerlich fühlen Betroffene eine chronische Leere
  • Es kommt zu explosionsartigen Wutausbrüchen
  • Traurige und gereizte, überempfindliche Stimmungen kommen häufig vor

Verhalten

  • Zwischenmenschliche Beziehungen schwanken ständig zwischen Nähe und Distanz
  • Impulsive Handlungen haben oft einen selbstschädigenden Hintergrund
  • Es kommt zu explizit oder implizit selbstverletzendem Verhalten oder sogar Suizidversuchen

Wahrnehmung

  • Besonders in belastenden, emotional schwierigen Situationen neigen Betroffene zu paranoiden Vorstellungen und Gedanken oder einem Realitätsverlust
  • Es kommt zu dissoziative Episoden und manchmal zu psychotisch-ähnliche Symptome (z. B. Halluzinationen)

Beispiel für eine Borderline-Verhaltensweise

Borderline äußert sich also auf verschiedensten Wegen. Vereint werden diese Wege aber durch den Aspekt der Selbstschädigung. Klassischerweise können Patientinnen und Patienten mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung zudem ihre Sicht auf andere Menschen oder Situationen abrupt und drastisch ändern und ihre Meinung um 360 Grad drehen.

Ein Beispiel: Ein potenzieller Liebhaber wird früh in der Beziehung idealisiert, es besteht der intensive und beinahe unkontrollierbare Wunsch, viel Zeit mit ihm zu verbringen und alles mit ihm zu teilen. Von dem einen auf den anderen Moment bekommt die Person mit dem Borderline-Syndrom allerdings das Gefühl, dass sich das Gegenüber abwendet, sich nicht mehr kümmert und einen selbst herabsetzt. Auf einmal kommt es zu einer desillusionierten und intensiven Wut auf die andere Person. Ein solches Schwarz-Weiß-Denken (auch Splitting oder Polarisation von Gutem und Schlechtem genannt) ist sehr Borderline-typisch. Borderline-Betroffene handeln dann irrational, unkontrolliert und paradox.

Ist eine Borderline Persönlichkeitsstörung gefährlich?

Eine Borderline Persönlichkeitsstörung muss von Fachpersonal (also Ärztinnen und Ärzten, Psychiaterinnen und Psychiatern oder Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten) diagnostiziert und behandelt werden, damit sich bei der betroffenen Person eine Besserung der extremen innerlichen Anspannungen und Belastungen einstellt.

Obwohl viele der selbstzerstörerischen Verhaltensweisen, mit denen Borderline einhergeht, nicht den eigenen Tod zum Ziel haben, sterben etwa 8 bis 10 Prozent der Borderline-Patientinnen und -Patienten durch Suizid. Vor allem Schmerz spüren viele Betroffene während einer extremen Spannungsphase kaum bis wenig. Dies ist ein äußerst gefährlicher Zustand – von dem ganze drei Prozent der Bevölkerung aus eigener Erfahrung berichten können.

Während Selbstschädigungen die Anspannung kurzfristig lindern soll, ziehen sie langfristig häufig ein problematisches Suchtverhalten nach sich. Es kommt zu einer massiven inneren Zerrissenheit und Angstzuständen.

Erste Anzeichen können bereits im Jugendalter zu erkennen sein. Männer und Frauen sind zwar gleich oft betroffen, jedoch begeben sich deutlich mehr Frauen in eine Psychotherapie. Da insgesamt mehr als 60 Prozent der Borderline-Betroffenen bereits mindestens einen Suizidversuch begangen haben, ist eine adäquate, psychotherapeutische Behandlung bei diesem Störungsbild enorm wichtig. Ein erster Schritt, wenn du dich in Verhaltensweisen der BPS wiedererkennst, kann es sein, dich einer Vertrauensperson zu öffnen. Gemeinsam könnt ihr dann nach einem Therapieplatz recherchieren und einen Therapeuten oder eine Therapeutin finden, der oder die helfen kann.

Mögliche Ursachen einer Borderline Persönlichkeitsstörung

Genau wie die Symptome bei einer Borderline Persönlichkeitsstörung, sind auch die Ursachen, die dieser Erkrankung zugrunde liegen, äußerst komplex und individuell. In der Forschung werden grundsätzlich aber folgende drei Bereiche genannt, die auf die Entstehung von BPS einen Einfluss haben können:

  1. Genetische Veranlagung
  2. Umwelteinflüsse
  3. Neurobiologie

Bei vielen Betroffenen des Borderline-Syndroms weist ihre Biografie auf traumatische Erlebnisse hin. Etwa 40 bis 70 Prozent berichten von fehlender emotionaler Zuwendung als Kind, sowie fehlender Anerkennung durch ihre Bezugspersonen. Formen der Misshandlung und des sexuellen Missbrauchs gehören ebenfalls zu häufig erwähnten Erfahrungen.

Zusätzlich zu biografischen Ursachen, rechnen Expertinnen und Experten auch Fehlfunktion in bestimmten Hirnregionen, die für die Gefühls- und Angstkontrolle zuständig sind, den Ursachen für die Erkrankung hinzu. Der Grund: In einigen Familien kommt es zu multiplen Fällen von Borderline. Die beiden häufigsten Komponenten für eine BPS sind also einerseits die traumatischen Beziehungserfahrungen, andererseits die genetische Veranlagung.

Borderline Persönlichkeitsstörung: Behandlungsmöglichkeiten

Die Borderline Persönlichkeitsstörung sollte immer professionell therapiert werden. Als wirksam erweisen sich in der Praxis verhaltenstherapeutische Methoden, bei denen die Patientinnen und Patienten Strategien und Skills beigebracht bekommen, mithilfe derer sie ihre extremen Gefühle und ihr impulsives Verhalten besser steuern können.

Als zusätzliche Unterstützung können bei jeder Therapieform Arzneimittel eingesetzt werden. Dies ist besonders sinnvoll, wenn Angststörungen oder Depressionen vorliegen. Viele psychotherapeutische Interventionen sind sehr wirksam, um suizidales Verhalten zu reduzieren oder zu stoppen, Depression zu lindern und die allgemeine Funktion zu verbessern.

  1. Die Dialektische Behaviorale Therapie (DBT) vermittelt etwa wichtige Skills zur Stressbewältigung, durch die Betroffene lernen, besser mit Anspannung und negativen Emotionen umzugehen und diese auf gesunde Weise abzubauen. Die kognitive Verhaltenstherapie bezieht sich auf emotionale Fehlregulationen und den Mangel an sozialen Fähigkeiten – der Psychotherapeut oder die Psychotherapeutin arbeitet gemeinsam mit dem oder der Betroffenen daran, diese Störungsbilder aufzulösen.
  2. Auch Therapieformen wie die Schemafokussierte Therapie (SFT) erzielt Erfolge bei diesem Störungsbild. Sie basiert darauf, unbewusste und festgefahrene Verhaltensmuster zu erkennen und sie abzulegen.
  3. Im Rahmen der sogenannten Mentalisierungsbasierten Therapie (MBT) wird hingegen geübt, die Wünsche und Gedanken von sich selbst sowie die von anderen Menschen besser zu verstehen.
  4. Kann die Ursache der Erkrankung auf eine konkrete Trauma-Erfahrung zurückgeführt werden, hilft eine spezifische Traumatherapie.

Von psychiatrischen Fachkräften wird bei dem Verdacht auf eine Borderline Persönlichkeitsstörung zuerst Folgendes überprüft, um die passende Therapieform zu finden:

  • Wie gut ist die betroffene Person in der Lage, Beziehungen zu anderen einzugehen und diese stabil zu gestalten?
  • Welche Folgen hat das für ihr soziales und berufliches Leben?
  • Wie geht die betroffe Person mit ihren Emotionen um?
  • Besteht ein Risiko, dass sich die betroffene Person sich selbst oder anderen Menschen schadet?

Folgende Medikamente haben sich zudem als wirksam erwiesen, um die Symptome der Borderline Persönlichkeitsstörung zu lindern:

  1. Stimmungsstabilisatoren wie Lamotrigin (gegen Depressionen, Angstzustände, Stimmungslabilität und Impulsivität)
  2. Atypische Antipsychotika (bei Angst, Wut und kognitiven Symptomen wie paranoiden Gedanken oder Schwarz-Weiß-Denken)

Vorurteile über die Borderline Persönlichkeitsstörung

Da das Wort Borderline nicht nur vielen in unserer Gesellschaft bekannt ist und es oft inflationär gebraucht wird, viele aber gar nicht genau wissen, welches belastende und ernstzunehmende Störungsbild sich hinter diesem Begriff verbirgt, kursieren viele Mythen und Vorurteile über die psychische Erkrankung. Hier findest du eine Zusammenfassung über klassische Vorurteile und ihre Richtigstellung:

Verwendete Quellen: msdmanuals.com, neurologen-und-psychiater-im-netz.org, tk.de, aok.de

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