So verknallt man sich wieder in seinen Job

Als Berufsanfängerin war man Feuer und Flamme – aber mittlerweile ist die Arbeit nur noch nervig, stressig, kraftraubend? Wir verraten, wie die alten Gefühle wieder aufflammen.

Text: Maren Pletziger

Frau arbeitet zufrieden© Pexels | Monstera Production
Eine Karriere-Expertin hat uns verraten, wie du wieder zufriedener im Job wirst.

Auf Tinder swipen wir schnell weiter, wenn der Typ nicht exakt unseren Vorstellungen entspricht. Im Arbeitsleben fügen wir uns dagegen oft den Umständen, obwohl wir unzufrieden sind. Eine aktuelle Statistik beweist: Die Zahl der Job-Frustrierten ist im letzten Jahr um zehn Prozent (auf 17 Prozent) gestiegen, jeder Vierte geht unmotiviert ins Büro. Dabei muss man nicht immer gleich kündigen, um die Situation zu verbessern! Karriere-Coach Ragnhild Struss weiß, dass es Stellschrauben gibt, an denen man selbst drehen kann. Hier sind ihre (und weitere) Tipps.

Im Video erfährst du, welche Faktoren wichtig sind, um glücklich im Job zu sein:

Zufriedenheits-Check machen

"Wenn der Job keine Möglichkeiten bietet, das zu tun, was man am besten kann, wenn er mehr Energie zieht, als er gibt, oder wenn die Arbeit den eigenen Werten widerspricht, sind das deutliche Hinweise darauf, dass er nicht der richtige ist", erklärt die Expertin. Dann solltest du deine Situation überdenken – und zwar bestenfalls, bevor es zum "Quiet Quitting" kommt, du also innerlich kündigst und nur noch Dienst nach Vorschrift machst. 

Ragnhild Struss weiß: "Dauerhaft schlägt das auf die Motivation und nützt weder dem Unternehmen noch den Angestellten. Besser wäre es, mit Job Crafting, einer Methode aus der Arbeits- und Organisationspsychologie, seine Zufriedenheit bei der Arbeit in die eigene Hand zu nehmen, indem man den Job aktiv mitgestaltet. Dazu zählen beispielsweise Aufgaben und Verantwortlichkeiten, Arbeitsabläufe, berufliche Beziehungen oder auch die innere Einstellung gegenüber der Arbeit."

Komfortzone verlassen

"Den Job neu zu gestalten bedeutet auch, vertraute Routinen auf den Prüfstand zu stellen und hinderliche Gewohnheiten loszulassen", so die Berufs-Coachin. Das geht leider nicht ohne Anstrengung! "Wer sich von Multitasking, permanenter Erreichbarkeit oder eingespielten, aber ineffizienten Arbeitsabläufen verabschieden möchte, muss erst mal mehr Energie investieren, um die Prozesse zu verändern. Weiter im Autopiloten zu agieren ist einfacher, doch auf lange Sicht lohnt es sich, neue Gewohnheiten zu etablieren, die dauerhaft Entlastung bringen." Fragst du dich jetzt auch, ob du die Power hast, Dinge zu verändern?

Eigene Macht erkennen

Struss stellt klar: "In den allermeisten Positionen gibt es viel mehr Gestaltungsspielraum, als man zuerst denkt. Sätze wie 'Das erlaubt mein Vorgesetzter nie' oder 'Das wurde hier schon immer so gemacht' sind ganz typisch und eher ein Zeichen für die eigene Angst vor Veränderung. Überwindet man diese Hürde und geht in den direkten Austausch mit Vorgesetzten und Kollegen, macht man häufig die Erfahrung, dass selbst in eher konservativen Unternehmensstrukturen Wege gefunden werden, am eigenen Job zu schrauben."

Erwartungen reduzieren

Schon klar, wir denken in Superlativen. Der Partner muss Mr. Right sein, und beruflich streben wir nach dem Traumjob. Mal davon abgesehen, dass sich die Vorstellung davon mit den Lebensumständen, dem Alter und jeder neuen Lebensphase ändert, "werden wir am Ende des Job-Crafting-Prozesses nicht alle im absoluten Traumjob arbeiten, aber das muss auch gar nicht das Ziel sein", betont Struss. "Wichtig ist, dass wir mit dem, was wir tun und wie wir es tun, zufrieden sind."

Sich selbst loben

Eigenlob stinkt. "Derartige Glaubenssätze sind leider bei vielen fest verankert und führen dazu, eigene Leistungen kleinzureden oder Erfolge abzutun", bedauert die Expertin. "Für das berufliche Selbstwertgefühl ist es in jedem Fall förderlich, eigene Leistungen anzuerkennen und diese gegenüber Vorgesetzten zu kommunizieren. Im richtigen Maß und im entsprechenden Rahmen kann sich diese Art des Selbstmarketings positiv auf die Karriereentwicklung auszahlen." 

Tipp: Leg dir ein Job-Journal an, in dem du deine Erfolge und positiven Momente notierst. Das wird dich aufbauen, wenn du eine Down-Phase hast.

Energieräuber killen

Ob es nun an der verkrusteten Unternehmenskultur liegt, der Chefin oder dem Workload, fehlenden Organisationstools oder falschem Zeitmanagement: "Erst wenn wir wissen, woher unsere Unzufriedenheit kommt, wo die Energieräuber sitzen, können wir gezielt gegensteuern", so Autorin Struss. 

Fang mit der Analyse am besten bei dir an. "Denn auch die Selbstsabotage in Form von negativen inneren Dialogen, die Abwertung der eigenen Person und das Infragestellen der eigenen Leistungen können schlauchen!"

Positiv denken

"Wer tief im Inneren davon überzeugt ist: 'Arbeit ist immer anstrengend', wird unbewusst dazu beitragen, dass seine Arbeit anstrengend ist – dabei müsste sie das vielleicht gar nicht sein. Das Außen ist ein Spiegel der Innenwelt: Die Welt zeigt uns immer das, was wir über sie denken, denn Wahrnehmung ist zu großen Teilen nichts anderes als bestätigte Projektion."

Inneren Dialog führen

Niemand wird dir einen Job beschaffen, der auf dich zugeschnitten ist. Dafür bist nur du allein verantwortlich. "Der Weg zur Selbsterkenntnis findet hauptsächlich im inneren Dialog statt", bestätigt Struss. "In diesem können wir verschiedene innere Stimmen identifizieren – zum Beispiel haben viele einen inneren Kritiker, der sehr hart urteilt, oder eine sorgenvolle innere Stimme, die ständig Warnungen ausspricht. Daneben gibt es vielleicht auch einen sehr mutigen und abenteuerlustigen Anteil. Diese Stimmen zu unterscheiden und einzuordnen hilft uns zu erkennen, wo wir von Angst geleitet werden oder wo wir uns selbst im Weg stehen." 

In der Analyse solltest du dir laut Struss unbedingt folgende Fragen stellen: Wer bin ich, was will ich, was kann ich?Was brauche ich, um im Job zufrieden zu sein, und auf welche Art und Weise kann ich selbst dafür sorgen, dass meine Erwartungen an den Job erfüllt werden?

Perspektive wechseln

"Es ist leicht zu sagen: Mein Gegenüber ist das Problem – die fordernde Chefin, der cholerische Kollege, die unzuverlässige Angestellte", sagt die Karriere-Beraterin. "Dabei entstehen die meisten Konflikte in der Kommunikation zwischen den Menschen. Deswegen ist ein Perspektivenwechsel so wichtig, denn er ermöglicht einen Blick weg von der Schuldfrage hin zur Suche nach einer gemeinsamen Lösung, einer Neugestaltung der Arbeitsbeziehung." Dein Gegenüber will (im Regelfall) doch auch nur entspannt arbeiten – da hilft es, sich in den anderen hineinzuversetzen!

Money on Your Mind

Würde dich eine Gehaltserhöhung glücklicher machen? Wenn wir das Gefühl haben, "dass unsere Arbeit unterbezahlt ist, nicht marktgerecht entlohnt wird oder wenn unser Gehalt im Vergleich zu dem von Kollegen zu gering ausfällt, kann Geld vielleicht nicht glücklich, aber doch zufriedener machen", so Struss. 

Wenn dein Arbeitgeber allerdings nicht mehr zahlen kann: Erkundige dich, wie eine Gratifikation sonst noch aussehen könnte. Weniger Arbeitsstunden? Seminare? Ein neues Dienst-Handy oder E-Bike-Leasing?

Zweigleisig fahren

Du siehst beruflich keine Perspektive? Dann wage dich einen Step raus – indem du in deiner Freizeit Weiterbildungs- oder Fremdsprachenkurse belegst, (Online-)Coachings machst oder dein Hobby professionalisierst. Es geht um Empowerment – denn du wirst realisieren, dass du kein Spielball bist, sondern dein Schicksal selbst in der Hand hast.

Eigene Rolle verändern

Um herauszufinden, wo das Problem liegt, kannst du eine Woche lang alle Aufgaben auflisten, die von dir erwartet werden. Bist du von gewissen To-dos frustriert? Drehst du bei Konferenzen so richtig auf? Diese Übung wird dir helfen zu erkennen, was dich im Job wirklich ärgert und wo du nicht gefordert bist.

Auf Sinnsuche gehen

Im Job-Alltag verlieren wir schnell den Blick dafür, warum unsere Tätigkeit wichtig ist. Auch wenn du keine Leben rettest, sorgst du vielleicht für Recht und Ordnung? Gibst du Kindern eine Zukunft? Bereitest du Menschen Freude oder sorgst du dafür, dass sie sicher von A nach B kommen? Mach dir das bewusst!

Verwendete Quelle: Text ursprünglich im Jolie-Heft 2/24 erschienen.