Drecksstück, kleines Schwein, perverse Sau ... Beim Sex gibt es eine Vielzahl von Vorlieben und Praktiken, die Menschen ausleben. Manche mögen es sanft und zärtlich, andere bevorzugen es vielleicht etwas härter. Ein Kink ist beispielsweise die Verwendung von Beleidigungen während des sexuellen Akts. Diese erotischen Beleidigungen werden zum sogenannten "Humiliation"-Kink gezählt. Doch wie kann es sein, dass gerade das Aussprechen von Schimpfwörtern oder demütigenden Ausdrücken als erregend empfunden wird?

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Das steckt hinter dem Humiliation-Kink

Der Reiz der Beleidigung liegt oft darin, dass sie eine Form der Dominanz und Unterwerfung darstellt. In vielen BDSM-Praktiken spielt die Demütigung eine wichtige Rolle. Dabei geht es nicht darum, den Partner oder die Partnerin tatsächlich zu verletzen oder zu erniedrigen, sondern vielmehr um das Spiel mit Macht und Kontrolle. Durch das Aussprechen von Beleidigungen wird eine bestimmte Atmosphäre geschaffen, die für manche Menschen äußerst erregend sein kann.

Für sie kann die Verwendung von Beleidigungen eine Möglichkeit sein, den Alltagsstress abzubauen und in eine andere Rolle zu schlüpfen. Im normalen Leben sind wir oft gezwungen, höflich und respektvoll miteinander umzugehen. Beim Sex kann das Aussprechen von Schimpfwörtern oder demütigenden Ausdrücken eine Befreiung sein und es ermöglichen, sich von gesellschaftlichen Normen zu lösen. Zum Humiliation-Kink können verschiedene Praktiken gezählt werden. Drei Beispiele dafür sind:

• Spanking
• Anspucken
• Beleidigungen

Konsens und Kommunikation sind das A und O

Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Verwendung von Beleidigungen im sexuellen Kontext nichts mit tatsächlicher Gewalt oder Missbrauch zu tun hat. Es handelt sich hierbei um ein einvernehmliches Spiel zwischen erwachsenen Partnern bzw. Partnerinnen, bei dem die Sicherheit und das Wohlbefinden aller Beteiligten an erster Stelle steht.

Bei der Verwendung von Beleidigungen im sexuellen Kontext muss immer einvernehmlich gehandelt werden. Beide Partner bzw. Partnerinnen sollten sich vorher darüber austauschen, welche Worte, Ausdrücke und Praktiken für sie akzeptabel sind und welche Grenzen sie haben. Kommunikation und Einvernehmen sind hierbei von großer Bedeutung, um sicherzustellen, dass beide Partner bzw. Partnerinnen sich wohl und respektiert fühlen.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder die Verwendung von Beleidigungen als erregend empfindet. Jeder Mensch hat unterschiedliche Vorlieben und Grenzen, die respektiert werden sollten. Was für den einen erregend ist, kann für den anderen unangenehm oder sogar traumatisch sein. Daher ist es entscheidend, dass beide offen über ihre Wünsche und Grenzen sprechen und einander respektieren.

Das hat uns eine Humiliation-Expertin im Interview verraten

Wir haben mit Lina Bembe (sie/ihr) gesprochen. Sie ist eine in Berlin lebende Pornodarstellerin, Regisseurin, Pädagogin und Autorin. Lina hat in bereits einer Vielzahl von Pornos mitgewirkt, die von Mainstream über verschiedene "feministische" Varianten bis hin zu DIY-Queer-Post-Porno reichen. Als Expertin und Speakerin wird Lina oft eingeladen, um über Sex Education, Feminismus, Kultur und explizite Sexualität zu schreiben, zu sprechen oder Vorführungen zu kuratieren.

Bei der Plattform CHEEX ist Lina ist Adult Industry & Sexual Liberation Specialist bzw. CPO – Chief Porn Officer. Kurz gesagt: Sie ist eine absolute Expertin auf dem Gebiet. Keine Frage also, dass wir ihr alles Wichtige zum Thema Humiliation entlockt haben.

Warum empfinden es viele Menschen als super anturnend, beim Sex beleidigt zu werden?

"In vielerlei Hinsicht kann Demütigung in einem Kink-Kontext ein sicherer Weg sein, um zu erfahren, wie es ist, auf erniedrigende Art und Weise behandelt zu werden. Und bestimmte Worte zu hören, die in einer Szene anmachen können – in einem anderen Kontext aber eine totale Beleidigung sind. 

Demütigung hat viel mit Machtverhältnissen und Dienstleistungen zu tun, die für viele überwältigend, ja sogar befreiend sein können, weil sie uns aus unserem Alltag und unseren Rollen herauslösen und gleichzeitig unsere Sinne stimulieren können. Demütigung wird meist in Worten ausgedrückt (z.B. als 'widerlich' oder 'kleines Schwein' bezeichnet zu werden), kann aber auch mit konkreten erniedrigenden Handlungen einhergehen (z.B. bespuckt werden)."

Was steckt hinter diesem Kink?

"Das Gehirn ist unser größtes und komplexestes Sexualorgan. Auf physiologischer Ebene werden Lust und Schmerz in genau demselben Bereich unseres Gehirns erlebt, was erklärt, warum viele Menschen schmerzhafte Dinge tatsächlich als angenehm empfinden, entweder physisch oder psychisch.

In der realen Welt werden viele Menschen nicht nur durch körperliche Berührung erregt, sondern auch durch geistige Stimulation, durch Fantasien. Solche Fantasien können stark von unseren Erfahrungen und der Art des Lebens, das wir führen, geprägt sein. Sie umzukehren, den Dingen eine 'Wendung' zu geben, kann für viele Menschen aufregend sein. Es ist völlig normal, Freude daran zu empfinden, mit dieser Normalität zu brechen und 'loszulassen'.

Leider werden diese Möglichkeiten nicht mit der Normalität gesehen, die sie verdienen, weil Kink und BDSM immer noch stark als Tabu angesehen werden."

Wie kann ich meinem Partner/meiner Partnerin am besten sagen, dass ich auf Humiliation stehe?

"Das Wichtigste ist, herauszufinden, ob dein/e Partner*in bereits über diese Spielart informiert ist. Oder ob er/sie jemand ist, der dich, auch wenn er unerfahren ist, verstehen und erkunden möchte. Egal, ob es sich um eine romantische Partnerschaft, einen regelmäßigen Spielgefährten oder ein gelegentliches Treffen handelt. Sprecht offen miteinander.

Sag es dein/e Partner*in am besten in einer ruhigen Umgebung und rechne damit, dass ihr eventuell einige Gespräche benötigt, bevor ihr euch voll und ganz auf das Demütigungsspiel einlassen könnt.

Es ist auch wichtig, dass ihr einen angemessenen Raum für das Gespräch über diese Neigung habt und den Dingen Zeit gebt. Geduld ist der Schlüssel. Dein/e Partner*in braucht vielleicht Zeit, um die Dinge sacken zu lassen und die Idee zu verarbeiten. Und du zum Überlegen, wie ihr weiter vorgehen wollt. Nachdem man etwas so Intimes von sich preisgegeben hat, entsteht natürlich potenzielle Verletzlichkeit. Wie geht ihr mit den starken Emotionen um, die aufkommen könnten?"

Was ist erlaubt, was ist tabu? Gibt es bei diesem Kink überhaupt Grenzen?

"Sicherere Kink-Praktiken haben immer Grenzen. Außerdem gibt es keine allgemeine Formel dafür, was erlaubt ist und was nicht. Welche erniedrigenden Worte, Ausdrücke, Handlungen oder Intensitätsstufen erlaubt sind, hängt von den beteiligten Personen ab. Eine Diskussion über (harte und weiche) Grenzen ist unerlässlich. Das Gleiche gilt für die Festlegung von Sicherheitswörtern – Safe Words – die es den Beteiligten ermöglichen, sich während einer Szene abzusprechen und bei Bedarf ganz aufzuhören. Es ist auch sehr wichtig, sich über die Art der Nachsorge nach der Szene zu verständigen und diese zu gewährleisten.

All diese Aspekte deuten darauf hin, dass Demütigung, wie jede andere Praktik, auf Zustimmung beruhenmuss. Es geht um spezifische, informierte, frei gegebene und widerrufbare Grenzen. Dies gilt sowohl für die Person, die die Demütigung erhält, als auch für die, die austeilt."

Was sind deine Tipps für Anfänger?

"Alles beginnt mit klaren und spezifischen Grenzen. Ob jemand überlegen oder unterlegen ist – der beste Ausgangspunkt ist eine sehr bewusste und ehrliche Selbsterforschung. Welche Aspekte einen anmachen und welche nicht, sodass diese als Grenzen während des Spiels weiter etabliert werden können. 

Kink kann in vielerlei Hinsicht eine unendliche Reise sein, aber je selbstbewusster wir sind, desto sicherer und angenehmer ist die Erfahrung! Was ich sehr empfehlen kann, um den eigenen Start zu erleichtern, sind beispielsweise Tutorials und Workshops der CHEEX Pleasure Academy. Aktuell vermittelt der 'Humiliation' Workshop mit Performerin Kali Sudhra ein umfassenderes, detaillierteres Bild davon, wie man Demütigung sicher erforscht. 

Oder man startet erstmal mit Spanking: In unserem neuesten Tutorial führen Performer*innen Sky & Noir dich durch alles, was du wissen musst. Finde heraus, wie du es sicher und einvernehmlich praktizieren kannst. Ein ehrliches Tutorial kann dir deine Scham nehmen."

Verwendete Quelle: Eigenes Interview