
Lach doch mal!
Unsere Kolumnistin Birte Plöger - eine Spaßbremse wider Willen - startet einen dramatischen Selbstversuch, um sich locker zu machen. Achtung, jetzt wird es hemmungslos!
Ich hatte Geburtstag. Eine Bekannte schenkte mir ein Buch. Es hieß: Ich wünsche mir, dass endlich mal was Schönes passiert. Auf dem Cover sah man eine Frau, die aus dem Fenster blickte. Ich nehme an, die Arme dachte an Selbstmord. Eine andere schenkte mir ebenfalls ein Buch: Mutti packt aus: Bekenntnisse einer Spaßbremse. Da wurde mir schlagartig klar: Ich muss an meinem Image arbeiten.
Mein Verhältnis zu Heiterkeit auf Knopfdruck ist verkrampft, das mag sein. Karneval, Oktoberfest und Silvester sind mir suspekt. Liegt wohl an meiner Herkunft, ich komme aus Schleswig- Holstein. Kennen Sie den Ausdruck "norddeutsche Frohnatur"? Eben. Googelt man "norddeutsch" und "Spaß", findet man den Text: "2 Tage typisch norddeutsch! Boßeln und feiern in Visbek! Erleben Sie die norddeutsche Outdoor-Variante des Kegelns mit hochprozentiger und sättigender Wegzehrung im Bollerwagen und anschließender Grünkohl-Party mit Tanz und Programm".
Oder es liegt an meinem Sternzeichen: "Sie leiden zu viel mit anderen Menschen mit, um wirklich sorglos lachen zu können", sagte mir mal eine Astrologin. "Man muss Sie festhalten, Ihnen Wärme schenken, um Ihre innere Spaßbremse auszutreiben". Das wollte ich dann doch lieber selbst übernehmen und suchte Rat im Internet. Ich fand folgenden Eintrag: „Ich habe ein großes Problem. Ich bin eine Spaßbremse, seit ich denken kann. Aber nicht bei allen Leuten. Meist bei genau denen die mir was bedeuten komischer weiße“. Aber das war nicht mein Forum, da kommen wir schon allein von der Orthografie und Zeichensetzung her nicht zusammen. Ich weiß, ich bin da etwas pingelig, das ist vielleicht berufsbedingt.

Das Problem ist: Ich bin schüchtern und gefallsüchtig. Aber man kann nur hemmungslos den Gangnam Style tanzen, Witze erzählen oder irgendwas von Snoop Dogg rappen, wenn es einem völlig schnurz ist, wie das Ganze endet. Ist es mir aber leider zu selten. Also ging ich zum Learning by doing über und nahm mir vor, mich bei der nächsten Gelegenheit einfach mal so richtig fallen zu lassen. Ich war auf einer Party.
Unser Test verrät: Bin ich zu schüchtern?
Ich tanzte den Shuffle, ich schüttelte das Haar und warf die Hände in die Höhe, ich machte Rührbewegungen mit meinen Armen und schwang mein Luftlasso, ich performte Girls just wanna have fun, gefolgt von I wanna Sex you up im Karaokezimmer. Lief doch ganz gut, dachte ich, als ich mich verschwitzt zwischen zwei Männer auf ein Sofa fallen ließ. Small Talk.
Auch eine schöne Alternative: Twerking lernen - mit Video, wie's geht!
Plötzlich fummelte der Herr zu meiner Rechten in meinen Haaren, während der Mann zu meiner Linken meine Hand streichelte. "Heeeey", sagten sie, als ich mich entrüstet erhob, "wir wollen doch nur ein bisschen Spaß haben." "Heeeey", sagte ich, "und Mutti packt jetzt ein und wünscht sich, dass endlich mal was Schönes passiert". Und da war er: jener Moment, in dem ich endlich mal gerne die Spaßbremse war.
