
Tom Szaky ist der Geschäftsführer der Recycling-Firma TerraCycle. Das 2001 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in New Jersey wirkt mittlerweile in 21 verschiedenen Ländern, neben Kanada und den USA auch in ganz Westeuropa. Die Aufgabe von TerraCycle? Müll abschaffen! Das Unternehmen sammelt gemeinsam mit seinen 200 Millionen Mitgliedern Müll auf der ganzen Welt ein, der sonst nicht recycelt werden würde. Selbst schwer zu recycelnde Dinge wie benützte Windeln, Zigarettenstummel und Kaugummi können dank TerraCycle eingesammelt und wiederverwertet werden. Da sich gerade viele Kosmetikprodukte gar nicht oder nur sehr schwer recyceln lassen, hat TerraCycle gemeinsam mit dem Entsorgungsunternehmen SUEZ für die Haarpflege-Marke Head & Shoulders eine Shampoo-Flasche entwickelt, die 20 Prozent Recyclat aus Kunststoffabfällen, welche an europäischen Stränden gesammelt und aufbereitet wurden, enthält. Diese ist ab sofort in einer Sonderedition des classic clean Shampoos von Head Shoulders bei Rewe erhältlich. Procter & Gamble, der Mutterkonzern von Head & Shoulders, plant bis Ende 2018 mehr als eine halbe Milliarde Flaschen des europäischen P&G Haarpflegeportfolios mit bis zu 25 Prozent recyceltem Kunststoff herzustellen. Weil das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, haben wir mit Tom Szaky deshalb über Umweltverschmutzung gesprochen und hinterfragt, wie wir als Konsumenten einen positiven Beitrag leisten können.

Wie ist Umweltverschmutzung zu so einem großen Problem geworden?
Umweltverschmutzung ist eine Krise. Weltweit werden nur 2 Prozent der Abfälle recycelt, während 25 Prozent in den Meeren landen und der Rest verbrannt wird. 99 Prozent von allem, das wir kaufen, wird innerhalb von sechs Monaten Müll sein. Und das schlimme ist, dass die Dinge, die wir kaufen nicht recycelbar sind. Wir leben in einer Welt aus Plastik. Alles wird aus Plastik hergestellt: unsere Kleidung, Möbel, Pflegeartikel. Wenn ich vor 100 Jahren einen Stuhl im Wald entsorgt hätte, wäre das kein Problem gewesen, da es ein Holzstuhl gewesen wäre. Wenn ich heute einen Stuhl in den Wald stelle, wird er dort sehr lange bleiben, da er aus Plastik ist. Das beobachten wir jetzt seit den 1950er-Jahren. Zur gleichen Zeit hat sich auch das Konsumverhalten komplett verändert. Jemand, der heute lebt, kauft im Schnitt zehn Mal so viel wie jemand, der vor den 1950ern gelebt hat. Die Durchschnittsfrau kauft 67 Kleidungsstücke im Jahr und wirft sie weg, nachdem sie sie sieben Mal getragen hat. Wir leben in einer Konsumgesellschaft, wodurch die Umweltverschmutzung vorangetrieben wurde.
Wie können Konsumenten dabei helfen, die Umweltverschmutzung zu verringern?
Viele Konsumenten glauben, dass sie komplett machtlos sind, aber da unterschätzen sie sich gewaltig. Denn jedes Mal, wenn sie ein Produkt kaufen, entscheiden sie sich aktiv dafür. Sie geben mit ihrem Kauf eine Stimme ab. Deshalb müssen wir als Konsumenten darauf achten, unsere Kauf-Stimmen nur für Produkte abzugeben, die auch einen Zweck haben. Ein gutes Beispiel dafür ist die Shampoo-Flasche von Head & Shoulders mit 20 Prozent Strandplastik. Das ist auch ein Statement an die Konkurrenz und hoffentlich reagiert sie dann mit ähnlichen Aktionen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir unsere Stimme nicht verschwenden, sondern mit offenen Augen einkaufen gehen und uns zwei Mal überlegen, welche Produkte im Einkaufswagen landen.

Eine Shampoo-Flasche mit 20 Prozent Strandplastik ist ein Anfang. Wie können Konzerne wie Procter & Gamble darauf aufbauen?
Ich hoffe, dass die Shampoo-Flasche von Head & Shoulders mit 20 Prozent Strandplastik zeigt, was für ein wichtiger Hebel es sein kann, wenn ein Produkt auch einen höheren Zweck hat. Das führt dazu, dass mehr Artikel entwickelt werden, die einen Beitrag zur Verbesserung unserer Welt leisten. Damit meine ich nicht nur die Umweltverschmutzung, sondern auch eine Veränderung der Gesellschaft. Die Shampoo-Flasche ist der erste Schritt, danach fragen sich die Firmen dann hoffentlich, was sie noch tun können, um einen sozialen Wandel herbeizuführen.
Wie kann der Herstellungsprozess von Konsumgütern wie Kosmetik künftig noch nachhaltiger gestaltet werden?
Zunächst muss ein Weg gefunden werden, neue Produkte zu 100 Prozent aus recycelten Materialien herzustellen. Danach müssen wir uns fragen, wie man recycelte Materialien nochmal verwenden kann. Wie man sie beständiger machen kann. Und schließlich: wie verwandelt man sie in eine Dienstleistung. Doch das ist alles noch Zukunftsmusik und wird noch dauern. Wir können nicht einfach zum Schritt Drei vorspringen, wenn wir die Schritte Eins und Zwei noch gar nicht durchlaufen haben.
Was ist das größte Hindernis für eine umweltfreundlichere Herstellung von Konsumgütern?
Es würden viel mehr Firmen mit recyceltem Plastik arbeiten, wenn die Herstellung von Plastik nicht so günstig wäre. Außerdem hat recyceltes Plastik eine andere Qualität. Die Shampoo-Flaschen von Head & Shoulders mit 20 Prozent Strandplastik zum Beispiel sind grau. Es war keine einfache Entscheidung, die Farbe eines so ikonischen Produkts zu verändern. Aber Procter & Gamble hat es trotzdem getan, obwohl es teurer ist und eine andere Farbe hat. Das bekommen auch die Kunden und die Konkurrenz mit. Und hoffentlich bringt sie das dazu, bewusster einzukaufen. So können wir die Umweltverschmutzung stoppen.