
Es klingt etwas gewöhnungsbedürftig: Menschen, die sich als Tiere verkleidet treffen, in andere Charakter schlüpfen und das Leben als sogenannter "Fursona", also Tiercharakter, leben. Super schräg, aber bei vielen auch super beliebt! Was steckt hinter dem sogenannten Furry-Trend? Und steckt hinter dem Hobby auch eine Art Lust?
Die Faszination der Furry-Szene
Es ist doch wirklich die erste Frage, die man sich stellt: Was macht die Furry-Szene so spannend? Was reizt die Leute daran? Rebecca Feron schlüpft regelmäßig in verschiedene Mensch-Tier-Charaktere, die Fursonas. Sie liebt die Furry-Szene aus verschiedenen Gründen. "Man kann sich, wenn man offen ist, auch real mit Leuten treffen und schnell Freundschaften schließen. Eben mit Personen, die man normalerweise nicht kennenlernen würde." Alles ginge sehr familiär zu und man gebe aufeinander Acht, sagt sie weiter. "Wir sind vielem sehr offen gegenüber, wir sprechen über alles mögliche und man schämt sich für kein Thema."
Aber nicht jeder lebt diese Leidenschaft auch im realen Leben aus. Manchmal sei es so, dass ein Charakter bzw. Fursona, nur in der digitalen Welt unterwegs sei und es zu dem erdachten Charakter kein Kostüm gibt. Man zeichnet oder erstellt sich dann nur einen Fursona, der zum eigenen Charakter passt und gibt ihm einen passenden Namen. Damit meldet man sich dann etwa in Foren an. "Das Kostüm/der Fursuit (Fellanzug) ist keine Pflicht. Man muss auch kein eigenen Charakter haben. Es reicht schon aus Fan von anthropomorpher (Erklärung weiter unten) Kunst zu sein", erklärt Rebecca. Für viele sei das einfach nur ein Hobby und habe mit Lust oder Erotik nichts zu tun. Sicher gibt es auch Menschen, die den Trend auch mit ins Schlafzimmer nehmen. Als Rollenspiele. Aber im Großen und Ganzen sei das die Ausnahme.

Die Furry-Szene als Flucht vor dem Alltag
Okay, also besteht die Faszination – wie bei anderen Gruppierungen – zum einen darin, Gleichgesinnte zu treffen und neue Leute kennenzulernen. Das war es aber natürlich noch nicht: "Viele, die sich einen Fursona ausgedacht haben, nutzen diesen oft einfach, um aus der Realität zu fliehen. Mit einem Fursuit bringt man es dann auch auf die Straße und man kann einfach sein wie man will, da keiner einen erkennt", sagt Rebecca Feron. "Hauptsache weg vom Alltag, mehr ist es meistens nicht. Man ist in diesen Momenten einfach hier und jetzt da. Alles andere ist unwichtig."
Rebecca findet, es sei einfach ein Hobby wie jedes andere auch: "Für die jeweiligen Leute total normal, nur für Außenstehende nicht. Ich kann es einfach schwer erklären." Sie selbst hat zwei Charaktere, also zwei Fursonas. "Einmal ich in besser. Schon als Kind hatte ich sie und sie war wie ein Vorbild für mich. Sie konnte immer das machen, wo ich nicht weiter kam. Mittlerweile kann ich sagen, ich bin sie geworden. Sie repräsentiert mich quasi." Man merkt: Der Furry-Trend wird meist stark ausgelebt und ist stakt mit dem eigenen Charakter verbunden. Die Furries geben den Menschen Halt und die Chance, jemand anderes, vielleicht jemand mit mehr Selbstbewusstsein zu werden.
Furry-Charaktere als kreative Art sich auszudrücken
"Der zweite Fursona ist männlich und eigentlich gehört er in eine Gummizelle gesperrt und muss hingerichtet werden. Er macht all das, was verboten ist. Ich gehe da mal nicht näher drauf ein ...", schreibt Rebecca. Sie lasse einfach die verrücktesten Fantasien frei und tobe sich kreativ aus. Sie habe noch viele weitere Charaktere. "Die einen bedeuten mir mehr, die anderen weniger. Wie in einem Spiel, in dem man sich Charaktere erstellen kann und diese spielt", erklärt der Furry-Fan. Seit 2010 habe sie ihren Haupt-Fursona auf Papier und seit 2008 im Kopf. "Damals wusste ich aber noch nicht, was Furry ist. Erst 2012 wurde ich wirklich darauf angesprochen und man hat es namentlich kennengelernt. Wirklich aktiv im "Fandom" bin ich aber erst seit 2015."
Weitere Infos zum Thema Furry
Der Begriff "Furry" umfasst im Allgemeinen Cartoonfiguren, wie Roger Rabbit oder sogar Mickey Mouse, die ein anthropomorphes Aussehen und Verhalten haben. Mittlerweile hat sich dieser Begriff etwas mehr ausgeweitet und auch ausgedachte Charaktere, die an tierische Wesen erinnern, zählen dazu. Mittlerweile gibt es viele Foren, Facebook-Gruppen und Treffen in verschiedenen deutschen Städten. Selbst eine eigene deutsche Website gibt es zum Thema Furry.
Begriffe der Furry-Bewegung und darüber hinaus
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Anthropomorphismus: sozusagen die Übertragung menschlicher Eigenschaften auf Tiere, Götter, Naturgewalten und Co., eine Art Vermenschlichung also
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Art-Fur: das Ausleben eines Charakters durch seine Visualisierung (Zeichnungen, Graphiken, Videos etc.)
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Cyborg: futuristische Darstellungen eines Charakters, mit teils mechanische Körperteilen
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Cosplay: Verkleidungen, die anAnime-, Manga- oder Filmfiguren anlehnen
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Fandom: bezeichnet die Gemeinschaft einer Bewegung
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Fursuiter: bezeichnet einen Furry, der einen Ganz- oder Teil-Fellanzug (Fursuit) seines Fursona trägt
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Morphs: steht für anthropomorphe, nicht-lebende Wesen
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Rollenspiel-Fur: wenn man die Verhaltensweisen des Fursona möglichst detailgetreu nachspielt
Die Geschichte der Furry-Bewegung
Die Subkultur bildete sich in den 70er- und 80er-Jahren in den USA. Die Anhänger zeigten sich in nicht-menschlichem Gewand. Der Name "Furry" wurde von "pelzartig" abgeleitet.
Die erste Furry-Convention, die "Confurence 0" fand 1989 statt. In Costa Mesa, Kalifornien, kamen aber nur ein paar Dutzend Leute zusammen. Mitte der 90er trafen sich dann auch die ersten 20 Furry-Anhänger in Deutschland. Jedoch auf einem Bauernhof in Schleswig-Holstein.