
1. Ein bisschen Gefühlskram
Wir alle wissen, dass eine wirklich gute Freundschaft noch viel stärker sein kann als selbst eine heftig brennende Liebesbeziehung. Doch warum gehen auch sie trotzdem kaputt?
Gibt es das, Auseinanderleben?
Es sagt sich so leicht: "wir haben uns einfach auseinandergelebt“. Und Fakt ist: ja, das ist nicht nur irgendein Spruch, sondern wie schon das Zustandekommen einer Freundschaft ein psychosozialer Prozess. Vereinfacht ausgedrückt: Je enger eure Freundschaft ist, desto mehr basiert sie auf Gemeinsamkeiten. Das kann euer ähnlicher Charakter sein, sich aber auch auf eure Lebensmodelle und -philosophien erstrecken.
Spielen die Hormone eine Rolle?
Definitiv. Vor allem in der kritischen Phase zwischen Beginn der Pubertät und Mitte oder Ende der 20er. Während dieses Zeitraums werden wir nicht nur körperlich erwachsen und ärgern uns über fiese Pickel, sondern auch unser Oberstübchen reift. Je älter wir werden, desto mehr dünnen wir unsere Freundschaften aus, weil uns die Hormone unbewusst diktieren, welche Ansprüche wir an eine solche Beziehung stellen – sie werden immer höher.
Wahrscheinlich kennst du es selbst: Deine allerbeste Freundin aus Grundschultagen war mit 13 urplötzlich wie ausgewechselt. Danke, Hormone. Doch nicht nur andere ändern sich:
Auch wir selbst ändern uns
Vielleicht ist es dir im Studium so ergangen. Du in München, deine beste Freundin in Hamburg. Und weil ihr nur in den Semesterferien physischen Kontakt hattet, waren die Änderungen jedes Mal gravierender.
Das Alter, das Alter
Du siehst also, unser Alter, beziehungsweise die aktuelle Lebensphase hat einen sehr schwerwiegenden Einfluss auf die Ansprüche, die wir an Freunde stellen. Eine gute Botschaft gibt es allerdings, dieses Zerbröseln der Freundschaften hat ein Ablaufdatum. Es liegt um den 30. Geburtstag herum. Dann kommt mehreres zusammen:
Wir sind in der Regel beruflich gefestigt, die Ausbildungszeit ist vorbei.
Unser Geist ist gereift, jugendliche Schwankungen sind beendet.
Wir haben eine ziemlich klare Vorstellung davon, was wir vom Leben wollen, wie die Zukunft aussehen soll.
Unser Lebensmodell ist stabil, es sind kaum noch Überraschungen zu erwarten.
Wenn eure Freundschaft die vorherigen Krisen überstand, stehen die Chancen nun gut, dass sie von langem Bestand ist, sofern eure Zukunftsentwürfe halbwegs übereinstimmen. Und es gibt noch einen Bonus: Ihr müsst euch nicht mehr so oft sehen, um zu verhindern, dass die Freundschaft leidet. Freundinnen jenseits der 30 können auch eng sein, obwohl sie sich nur zweimal monatlich treffen.
Was das alles in uns anrichtet
Wenn allerdings die Freundschaft vorher abschmiert, reißt sie ein umso größeres Loch, je enger sie war. Denn im Gegensatz zu einer Beziehung, die meist im Knall endet, sterben Freundschaften schleichend. Dabei ist es beinahe immer ein einseitiges Ding. Kaum eine Freundschaft geht in beiderseitigem Einvernehmen auseinander.
2. Das killt die dickste Freundschaft
Das psychologisch-hormonelle Warum haben wir jetzt geklärt. Aber was genau ist denn letzten Endes der wahre Killer von Freundschaften? Meistens sind es Dinge, die unvermeidlich zum Leben dazugehören.
Beruf/Ausbildung
Ihr habt von einem auf den nächsten Tag viel weniger gemeinsam, ohne dass ihr daran etwas ändern könntet. Eure Berufe müssen sich nicht einmal krass unterscheiden, also etwa du in der Modelagentur, sie als Landschaftsgärtnerin. Es reicht leider schon, dass ihr nicht im gleichen Haus arbeitet.
Uni
In die gleiche Kerbe schlägt auch das Studium. Bloß kommt hier oft eine weitere Verschärfung hinzu: Während viele Mädels die ersten Berufserfahrungen in der Nähe ihres bisherigen Wohnortes machen und so zumindest noch gemeinsame Feierabende haben, zwingt das Studium sehr oft zum Umzug.
Eure Freundschaft leidet also nicht nur wegen den völlig neuen Aufgaben an sich, sondern auch noch der räumlichen Distanz. Traurig aber wahr: Nur ganz wenige Freundinnen aus Abi-Zeiten überstehen die Uni-Tage, falls nicht beide das gleiche studieren.
Kinderwünsche
Kleine, weinende Bündel mit Dauerkohldampf. Tatsächlich sind Kinder wortwörtlich der Endgegner selbst für die Freundschaften, die wie durch ein Wunder alle bisherigen Hürden überstanden haben. Denn das Durchschnittsalter für das erste Kind liegt mittlerweile scharf unter der 30. Und gerade der erste Nachwuchs wirbelt seine Mutter vollkommen durcheinander. Denn von nun an ist er die absolute Nummer eins, hinter ihm müssen sowohl der Partner und erst recht die Freundschaft zurückstehen.
Ein Positives hat die Sache aber: Wenn ihr beide Mamas seid, ist das genaue Gegenteil der Fall, denn Mütter tendieren, vor allem in diesem Alter, eher dazu, ihre Freundschafts-Prioritäten auch danach zu setzen, wie viele Kinder-Erfahrungen man teilt und welche Hilfe einem zuteilwerden kann. Und da gewinnt die Freundin, die den ganzen Kinderkram ebenfalls mitmacht, haushoch.
Streit, Neid, Eifersucht
Der letzte Punkt ist dagegen ziemlich altersunabhängig und kann sogar noch die lebenslange Freundschaft zweier Omas crashen: Wenn die eine der anderen etwas missgönnt oder sich und ihren Willen über den der anderen stellt.
Gut, dazu muss es natürlich erst mal etwas geben, dass ihr beide mit der gleichen Vehemenz wollt – vielleicht einen Typen. Aber es kann auch ein schleichender, weniger offensichtlicher Prozess sein. Vielleicht hast du immer Glück in der Liebe, während sich deine Freundin von einer Misere zur nächsten hangelt. Auch das erschafft unter Umständen Neid. Und wo der erst mal keimt, ist die Freundschaft sehr oft dem Untergang geweiht.
3. Schmollen bringt nichts
Wir verstehen dich, ehrlich. Sie ist deine beste Freundin. Ihr fühlt euch wie Seelenverwandte. Niemand kennt die jeweils andere so gut wie ihr. Und kein anderer Mensch könnte sie auch nur annähernd ersetzen. Doch gerade deswegen musst du, wenn es auseinander geht, stark sein.
Glück ist nicht nur dein eigenes
Sie will nicht ganz so begeistert wie du auf Lehramt in Köln studieren? Dann musst du das akzeptieren. Denn Freundschaft ist, so hart es klingt, nicht alles im Leben. Willst du wirklich dafür verantwortlich sein, dass deine beste Freundin, die du so sehr liebst, sich für einen (immerhin lebenslangen) Beruf festlegt, den sie vielleicht gar nicht mag? Nein! Du willst, dass sie glücklich wird – natürlich am liebsten mit dir zusammen. Aber eine gute Freundin akzeptiert auch das Gegenteil.
Irgendwann spielen andere Prioritäten mit
Es ist sehr gut möglich, dass sich eure Charaktere, je länger ihr befreundet seid, umso stärker in andere Richtungen entwickeln – die Gründe haben wir oben erklärt. Vielleicht bist du immer noch die Clubkatze, die bis in den Vormittag abfeiern möchte. Absolut kein Problem. Aber erwarte bitte nicht, dass auch deine beste Freundin für immer so bleibt. Wenn sie irgendwann ruhiger wird, ist das ebenso ihr gutes Recht, wie wenn sie eure Freundschaft für den Mann, den sie vielleicht als "den einen“ ansieht, schleifen lässt – "Bruder vor Luder“ gilt nur bei Kerlen.
Wollt Ihr wirklich im Streit auseinandergehen?
Und dann solltest du dir natürlich auch die Frage stellen, wie du deiner Ex-BFF in Erinnerung bleiben willst:
Als herzensgute Seelenverwandte, die sie unterstützte, obwohl genau das die Freundschaft mit-beendete?
ODER
Als nachtretende Fieseline, die aus der besten Freundin die größte Feindin machte und ihr nichts gönnt?
Es liegt in deiner Hand. Doch nur wenn du dich gemäß der ersten Option verhältst, bleibst du ihr nicht nur in guter Erinnerung, sondern kannst auch offen in die Zukunft blicken.
4. Und wie geht’s nun weiter?
Ihr habt euch unter Tränen verabschiedet. Und während sie es sich in ihrer neuen Bude, hunderte Kilometer von deinem Heimatort entfernt, gemütlich machst, sitzt du mit Tränen in den Augen im Zug und denkst nach. Wie geht’s jetzt weiter? Was sind eure Optionen?
Ungewollt getrennt? Kontakt aus der Ferne
Die wohl wichtigste ist die, zu realisieren, dass wir im Jahr 2018 leben. Es ist heute möglich, sich quer über den Globus so mit jemandem zu unterhalten, als stünde er neben einem.
Ein schneller Internetanschluss ist die Grundvoraussetzung, damit du statt über normale Telefonleitungen auch über das Web telefonieren kannst. Diese spezielle Technik ermöglicht es dir, mit dem Smartphone oder Computer per Videokonferenz miteinander zu kommunizieren. Zwar könntest du so auch mit dem normalen Telefon agieren, besser für die Freundschaft ist jedoch das audiovisuelle AllInclusive. Das bedeutet also, ihr beide benötigt ein IP-Telefonie-Programm wie Facetime oder Skype – beide gibt’s sowohl fürs Handy, das Tablet oder den Computer. Dazu entweder die Handykamera oder eine Webcam und ein Headset.
Damit richtet ihr regelrechte "WLAN-Laber-Abende“ ein, an denen ihr über Stunden verbunden bleibt. Nicht zu oft, eure Alltage sollen ja nicht zu sehr beeinflusst werden. Einmal wöchentlich reicht. Aber wenn, solltet ihr das Ganze so gestalten, wie einen echten Mädelsabend – inklusive des gemeinsamen Guckens eines Filmes. Allerdings kommt da einmal mehr die Technik dazu: Eine Normalo-DSL-Verbindung reicht normalerweise entweder fürs Streamen oder eure Videotelefonie.
Wollt ihr mit halb Deutschland zwischen euch trotzdem eine Schnulze genießen und dabei gleichzeitig reden können, muss es schon Glasfaser sein. Das Problem: Glasfaser ist nicht gleich Glasfaser, hier gibt es verschiedene Ausbaustufen, von denen ihr als Mindestmaß darauf achten solltet, dass es VDSL ist – dabei wurden die Glasfaserkabel bis in die Verteilerkästen eurer Straßen verlegt, der Rest wird noch mit "normalen“ Kabeln verbunden.
Nur das bringt euch die nötige Datenrate, um auf Netflix die größten Freundinnen-Schnulzen zu gucken und euch gleichzeitig per Bild und Ton zu versichern, wie sehr ihr euch noch mögt – egal wie groß die räumliche Distanz auch sein mag. Und das kann wirklich ein sehr guter Ersatz sein.
Soll ich hinfahren?
Natürlich willst du sie auch weiterhin sehen. Doch auch hier empfehlen wir euch das gleiche wie im vorherigen Punkt: Nicht zu oft. Denn je weiter ihr auseinander wohnt, desto krasser ist jedes Mal der Break, den dein Auftauchen verursacht. Nicht nur wegen der Vorbereitungen. Sondern auch deshalb, weil jeder Trip dann wieder einen neuen schmerzlichen Abschied bedeutet, der mitunter die Freundschaft weiter demolieren kann.
Besser ist es, ihr vertraut seltener auf persönliche Anwesenheit, seid aber aus der Ferne jederzeit erreichbar und meldet euch – am besten jeden Tag, auch wenn es nur eine schnelle Whatsapp-Nachricht ist.
Gib der Trennung Raum, bleib aber der Rückhalt
Wir haben in diesem Kapitel schon zweimal die Worte "nicht zu oft“ fallen gelassen – mit voller Absicht. Denn selbst wenn die Trennung euch beide mitnimmt, müsst ihr sie akzeptieren. Im Klartext bedeutet das für dich: Gib deiner BFF Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Ärgere dich nicht (oder zeig ihr den Ärger wenigstens nicht), wenn sie in ihrer neuen Umgebung neue Leute kennenlernt. Das muss sie, denn sonst vereinsamt sie dort – trotz eurer SkypeAbende.
Was du allerdings ebenso tun musst: Sei immer für sie da wie bisher. Wenn du willst, dass die Freundschaft bestehen bleibt, musst du jeden Anruf, jede Nachricht mit der gleichen Natürlichkeit und so umfassend beantworten, als würde deine BFF noch neben dir wohnen.
Schau nach vorn, aber vergiss die Vergangenheit nicht
Und ja, nicht nur deine Freundin ist nun weg von dir, sondern auch umgekehrt. Das bedeutet, schau auch du nach vorne, suche dir neue Leute, mit denen du etwas machen kannst. Sie sollen und müssen deine BFF nicht ersetzen, sie ist immer noch da und ihr seid nach wie vor tief befreundet.
Und vielleicht nutzt du auch die Gelegenheit, um einmal selbst zu reflektieren, ob du in der Vergangenheit immer die allerbeste Freundin warst.
Das bringt dich übrigens auch dann weiter, wenn eure Freundschaft nun trotz aller Versuche einschlafen sollte. Denn wenigstens kannst du durch diese Selbstanalyse in einer neuen Freundschaft versuchen, es besser zu machen.
Nochmal: Schmollen bringt nichts
Wenn es soweit ist, wenn sie zum ersten Mal nicht direkt auf deine Whatsapp reagiert, obwohl beide Häkchen blau sind. Wenn sie von ihrer lieben neuen Kumpeline erzählt, sei nicht sauer. Das macht sie nur, um dir zu sagen „mach dir keine Sorgen, ich bin glücklich hier“. Und nur darum sollte es auch dir gehen: Zu wollen, dass deine beste Freundin happy ist – ob mit oder ohne dich.
Fazit
Es gibt eine Menge guter Gründe, warum selbst die besten Freunde irgendwann von Dannen ziehen – und nur wenige Ausreden, warum man sie aufhalten sollte. Doch es kommt darauf an, warum gegangen wird. Und vor allem wenn äußere Faktoren eine Rolle spielen, etwa das Studium, gibt es keinen Grund, die Sache nicht aus der Ferne weiter durchzuziehen. Aber: Auch zur besten Freundschaft gehören immer zwei, bei denen die Chemie wirklich stimmen muss. Und die kann sich eben im Lauf des Lebens auch verändern, so traurig es für dich auch klingt.